Gläserne Manufaktur
Die Gläserne Manufaktur in Dresden ist eine von drei Produktionsstätten der Volkswagen Sachsen GmbH.[1] In Dresden wurde von 2002 bis 2016 der Phaeton produziert, anschließend von 2017 bis 2020 der e-Golf. Am 29. Januar 2021 startete die Serienproduktion des vollelektrischen ID.3.[2] Das Center of Future Mobility entwickelt sich gleichzeitig zum "Home of ID." weiter.[3] Im Frühjahr 2025 waren am Standort 320 Personen beschäftigt.
Lage
Die Gläserne Manufaktur befindet sich im Dresdner Stadtteil Seevorstadt-Ost/Großer Garten nahe der Dresdner Innenstadt und bildet die Nordwestecke des Großen Gartens zum Straßburger Platz (Stübelallee). Unmittelbar südöstlich davor liegt das Areal des Botanischen Gartens.
Geschichte
Auf dem Gelände der Gläsernen Manufaktur befand sich das Städtische Ausstellungsgelände mit dem Kugelhaus und dem Städtischen Planetarium, später das Ausstellungszentrum Fučíkplatz. Die Anlage wurde von dem Münchener Architekturbüro Gunter Henn entworfen. In der Planungsphase war der Bau der Fabrik Gegenstand kontroverser Diskussionen, vor allem wegen der Lage am Rand des Großen Gartens. Besonders unter Umweltschützern führte der Bau zu starken Protesten. In erster Linie wurde das höhere Verkehrsaufkommen durch LKW in der Anlieferung kritisiert, die die neue Produktionsanlage in der Innenstadt von Dresden beliefern sollten. Um das Problem abzumildern, verlangte der Stadtrat ein stadtverträgliches Logistikkonzept,[4] daraufhin schlug VW vor, das Frachtgut statt mit Lastwagen mit der CarGoTram zu transportieren. Mit Ausnahme der Karosserien wurden alle Phaeton-Bauteile mit der blauen CarGoTram vom VW-Logistikzentrum am Bahnhof Dresden-Friedrichstadt – rund 5 Kilometer entfernt – zur Fabrik gebracht.
Nach 19 Jahren CarGoTram setzt Volkswagen nun auf ein neues Logistikkonzept. Hintergrund: Ab Januar 2021 im Zuge der Produktionsumstellung vom e-Golf auf den vollelektrischen ID.3 waren die Fahrten mit der CarGoTram nicht mehr notwendig. Da der ID.3 zukünftig parallel in deutlich höherer Stückzahl in Zwickau produziert wird, wird die Konsolidierung in Zukunft schon über den Logistikstrom des Werkes Zwickau auch für die Dresdner Teile durchgeführt und von dort direkt in die Manufaktur geliefert. Fortan werden täglich vier volle statt bisher 25, meist nur teilweise gefüllte, LKW unterwegs sein. Der Einsatz der blauen Straßenbahnen sind somit wenig sinnvoll – weder wirtschaftlich noch klimapolitisch. Volkswagen sieht durch die Reduktion des LKW-Verkehrs auch einen deutlich positiven Umwelteffekt für die Stadt.[1]
Tierschützer sorgten sich angesichts der großen Glasfassaden um die Vögel, Architekten bemängelten vor allem die Disharmonien mit der nahe gelegenen barocken Innenstadt. Außerdem musste der Bahnhof „Straßburger Platz“ der Dresdner Parkeisenbahn verlegt werden. Der alte Bahnhof wurde abgerissen und ein neuer gebaut, der an das Design der Gläsernen Manufaktur angepasst wurde. Eine Bürgerinitiative sammelte 17.600 Unterschriften gegen den Bau der VW-Manufaktur am Großen Garten – zu wenig, um einen Bürgerentscheid zu erzwingen. Am 27. Juli 1999 wurde im Beisein vom Volkswagen-Vorstandsvorsitzenden Ferdinand Piëch, Bundeskanzler Gerhard Schröder und dem sächsischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf der Grundstein gelegt.[5]
Die Gläserne Manufaktur wurde am 19. März 2002 in Betrieb genommen. Außer den Fertigungsanlagen sind im Gebäude eine gastronomische Einrichtung und ein Startup-Inkubator untergebracht. Bis zum 23. März 2002 war die Öffentlichkeit zur freien Besichtigung eingeladen. Die Fertigung begann schon vor der offiziellen Eröffnung. Ferdinand Piëch als Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG und der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder gaben bereits am 11. Dezember 2001 das Startsignal für die Produktion.[6] Die Fabrik wurde für die Produktion des VW Phaeton errichtet und bot den Kunden und Besuchern Einblicke in die Endmontage der Fahrzeuge.
Weil die VW-Tochter Bentley in Crewe (Großbritannien) zeitweise die hohe Nachfrage nach ihren Modellen nicht befriedigen konnte, wurde von Mitte 2005 bis Ende 2006 hier auch der Continental Flying Spur montiert. Mit der Karosseriefertigung des Bentley und Phaeton war damals das Volkswagenwerk Zwickau beauftragt. Da die Nachfrage nach dem VW Phaeton im Jahr 2013 nachgelassen hat, wurde seit Anfang November 2013 erneut die Produktion des Bentley Flying Spur in kleiner Stückzahl aufgenommen.[7]
Nachdem am 18. März 2016 die Phaeton-Produktion eingestellt worden war,[8] erfolgte ein 20 Millionen Euro teurer Umbau der Manufaktur und am 8. April 2016 eine Wiedereröffnung als Ausstellungsort zur Elektromobilität und Digitalisierung.[9] Vom 3. April 2017 bis zum 23. Dezember 2020 wurde in Dresden der e-Golf gefertigt.[10][11] Wegen der hohen Nachfrage wurde ab 2018 wieder im Zwei-Schicht-Betrieb gefertigt, dabei entstanden bis zu 74 e-Golf pro Tag.[12] Im Zuge des neuen Produktionsstarts arbeiten jetzt wieder etwa 400 Mitarbeiter in der Gläsernen Manufaktur. Ein Teil der Mitarbeiter war seit dem Ende der Phaeton-Produktion größtenteils in anderen VW-Werken, vor allem in Zwickau, eingesetzt.[13]
Die Manufaktur hat sich seit der Produktionsumstellung zum e-Golf zu einem Center of Future Mobility („Zentrum künftiger Mobilität“) entwickelt. Kunden und Besucher können die Fertigung des e-Golf live erleben und erfahren in einer interaktiven Erlebniswelt für Elektromobilität und Digitalisierung mehr über die Zukunft der Mobilität. Dazu gehören auch kostenlose Probefahrten durch Dresden in Elektro-Fahrzeugen. Ferner werden auch alle Elektrofahrzeuge der Marke Volkswagen in der Gläsernen Manufaktur an Kunden ausgeliefert.
Seit 2017 kooperiert die Gläserne Manufaktur in unterschiedlichen Formaten mit externen Start-Ups. Zu Beginn fand die Zusammenarbeit im Rahmen eines Inkubator-Programms zu Mobilitätshemen statt, nun in einzelnen Projekten mit dem Fokus auf Digitalisierungs- und KI-Themen für die Produktion und Logistik.
Seit 29. Januar 2021 wird der VW ID.3 in der Gläsernen Manufaktur montiert, der Claim änderte sich zu "Home of ID."[14] Die Manufaktur ist damit der zweite Fertigungsstandort für den ID.3 und weltweit der vierte Standort, der Volkswagen-Modelle auf Basis des Modularen E-Antriebsbaukastens (MEB) produziert. 2024 wurden 5.500 ID.3 montiert.
Das zentrale Ziel: Als Leuchtturm der Marke Volkswagen in Deutschland den Kunden, Besuchern und Gästen ein ganzheitliches Erlebnis der ID. Familie zu bieten – beginnend von der Beratung und Probefahrten über die Besichtigung der Fertigung, dem Mitbauen des ID.3 und modernen Eventformaten bis hin zur Übergabe von elektrischen Fahrzeugen. Ein weiterer Fokus der strategischen Neuausrichtung liegt auf dem Ausbau zu einem Forschungs- und Innovationsstandort, der in Kleinserie innovative Projekte für einen späteren Einsatz an großen Volumenstandorten in der Marke Volkswagen vorantreibt.[15]
Die Gläserne Manufaktur ist nach der Autostadt in Wolfsburg das zweitwichtigste nationale Auslieferungszentrum von Volkswagen. 2024 wurden 2.500 Fahrzeuge an Kunden übergeben – neuer Bestwert in der Geschichte des Standorts. Mehr als 95 Prozent davon waren teil- oder vollelektrische Modelle. Spitzenreiter sind die in Sachsen gefertigten Modelle ID.3 und ID.4.
Ende 2025 wird die Fahrzeugfertigung in der Gläsernen Manufaktur in Dresden eingestellt. Die Volkswagen AG erarbeitet Alternativoptionen. Hierzu gehört auch die Möglichkeit einer Beteiligung der Volkswagen AG an einem Konzept Dritter.[16]
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Volkswagen Sachsen GmbH. Abgerufen am 19. Juli 2018 (deutsch).
- ↑ Der ID.3 wird ab Herbst 2020 in der Gläsernen Manufaktur in Dresden montiert. Abgerufen am 18. Januar 2020.
- ↑ Start der ID.3 Serienproduktion: Gläserne Manufaktur Dresden wird Volkswagen Home of ID. 29. Januar 2021, abgerufen am 9. Februar 2022.
- ↑ Julia Vollmer: Die Cargo-Tram ist wieder da. In: SZ-Online. (sz-online.de [abgerufen am 6. April 2018]).
- ↑ Automobile in Handarbeit. Grundsteinlegung für die Gläserne Manufaktur in Dresden. In: BauNetz. 27. Juli 1999, abgerufen am 29. Juli 2017.
- ↑ Im Großen Garten: „Gläserne Manufaktur“ in Dresden eröffnet. In: BauNetz. 11. Dezember 2001, abgerufen am 22. Januar 2022.
- ↑ Volkswagen: Temporäre Bentley-Produktion in Dresden. In: Autohaus.de. 8. November 2013, abgerufen am 30. Januar 2016.
- ↑ Produktionsende des Phaeton auf Volkswagen-Presse-Internetpräsenz ( des vom 29. März 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , abgerufen am 18. März 2016.
- ↑ Gläserne Manufaktur eröffnet heute als neues Schaufenster für Elektromobilität und Digitalisierung. Volkswagen, 8. April 2016, abgerufen am 18. Juli 2018 (Pressemitteilung).
- ↑ Nach Umbau: Erster e-Golf1 rollt heute in der Gläsernen Manufaktur in Dresden vom Band. ( des vom 17. Oktober 2017 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. In: volkswagen-media-services.com. 3. April 2017, abgerufen am 5. April 2017.
- ↑ Auslauf des e-Golf: Volkswagen bereitet Start des ID.3 in der Gläsernen Manufaktur Dresden vor. In: volkswagen-newsroom.com. 23. Dezember 2020, abgerufen am 5. Januar 2021.
- ↑ Volkswagen: Gläserne Manufaktur produziert E-Golf erstmals im Zwei-Schicht-Betrieb. (handelsblatt.com [abgerufen am 18. Juli 2018]).
- ↑ Frank Johannsen: VW-Kunden in Dresden sollen selbst am E-Golf schrauben. In: Leipziger Volkszeitung. Nr. 296, 20. Dezember 2016, S. 6.
- ↑ VW startet ID.3-Serienproduktion in Gläserner Manufaktur Dresden. In: ecomento.de. 29. Januar 2021, abgerufen am 9. Februar 2022 (deutsch).
- ↑ VW Gläserne Manufaktur - Start der ID.3 Serienproduktion: Gläserne Manufaktur Dresden wird Volkswagen Home of ID. Abgerufen am 8. Februar 2021.
- ↑ Volkswagen AG: Einigung erzielt: Volkswagen AG stellt sich wettbewerbsfähig für die Zukunft auf. In: Volkswagen Newsroom. Volkswagen AG, 20. Dezember 2024, abgerufen am 20. Dezember 2024 (deutsch).
Koordinaten: 51° 2′ 40,2″ N, 13° 45′ 20,4″ O