Hirtenberg
Marktgemeinde Hirtenberg
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Wappen | Österreichkarte | |
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Basisdaten | ||
Staat: | Österreich | |
Bundesland: | Niederösterreich | |
Politischer Bezirk: | Baden | |
Kfz-Kennzeichen: | BN | |
Fläche: | 1,47 km² | |
Koordinaten: | 47° 56′ N, 16° 11′ O | |
Höhe: | 280 m ü. A. | |
Einwohner: | 2.609 (1. Jän. 2024) | |
Bevölkerungsdichte: | 1774 Einw. pro km² | |
Postleitzahl: | 2552 | |
Vorwahl: | 02256 | |
Gemeindekennziffer: | 3 06 15 | |
NUTS-Region | AT122 | |
Adresse der Gemeindeverwaltung: |
Bahngasse 1 2552 Hirtenberg | |
Website: | ||
Politik | ||
Bürgermeister: | Karl Brandtner (SPÖ) | |
Gemeinderat: (Wahljahr: 2025) (21 Mitglieder) |
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Lage von Hirtenberg im Bezirk Baden | ||
Quelle: Gemeindedaten bei Statistik Austria |
Hirtenberg ist eine Marktgemeinde mit 2609 Einwohnern (Stand 1. Jänner 2024) im Bezirk Baden, Niederösterreich. Südlich des Orts fließt die Triesting.
Geografie
Der Ort liegt am Talausgang des Triestingtals. Die aus dem Wienerwald kommende Triesting fließt hier ins Wiener Becken.
Gemeindegliederung
Seit dem 1. Jänner 2022 mit der Gemeindezusammenlegung von Matrei am Brenner mit Mühlbachl und Pfons wurde Hirtenberg zur flächenmäßig kleinsten Marktgemeinde und insgesamt zur drittkleinsten Gemeinde Österreichs (Liste der größten Gemeinden in Österreich nach Fläche).
Nachbargemeinden
Nachbargemeinden sind Leobersdorf, Enzesfeld-Lindabrunn und Berndorf (St. Veit).
Leobersdorf | ||
Berndorf | ![]() |
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Enzesfeld-Lindabrunn |
Geschichte
Die ältesten Siedlungsfunde in der Gegend stammen aus der Jungsteinzeit.
Der Ortsname geht auf die Feste Huotto aus dem 13. Jahrhundert zurück, die sich früher auf einer Anhöhe namens Steinkamperl über dem Dorf erhob.
Nachdem im Jahre 1477 der ungarische König Matthias Corvinus in Österreich eingefallen war und im ganzen Land Orte, Felder und Festungen verwüstet hatte, verzeichnete die Siedlung einen gewissen Niedergang. Während der Ersten Wiener Türkenbelagerung wurden im Raum Leobersdorf-Enzesfeld-Hirtenberg am 19. September 1532 die letzten Truppen des osmanischen Befehlshabers Kasim Bey aufgerieben.
Am 2. Jänner 1870 (vollzogen am 22. Dezember 1870) kam es mit Allerhöchster Entschließung zur Trennung des Ortes Hirtenberg von den Orts- beziehungsweise Katastralgemeinden Leobersdorf und Enzesfeld sowie zur Konstituierung von Hirtenberg als selbständige Ortsgemeinde – mit einer Fläche von nur 1,10 km².[1]
Ab 1832 befand sich in der Nachbarortschaft Enzesfeld auf dem unweit der Kirche neu angelegten Friedhof eine Hirtenberger Ecke. 1878 sollte die Gemeinde Hirtenberg zur Erweiterung des voll belegten Enzesfelder Friedhofs einen entsprechenden Beitrag leisten, entschied sich jedoch zur Anlage eines eigenen Ortsfriedhofs, der am 20. Oktober 1878 eingeweiht werden konnte.[2]
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Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelte sich der zuvor von Landwirtschaft und Weinbau geprägte Ort zum Gewerbestandort. Eine besondere Rolle spielte dabei die Rüstungsindustrie mit der bekannten Hirtenberger Patronenfabrik (siehe auch: Wöllersdorfer Werke und Fritz Mandl). Bei der Markterhebung und Wappenverleihung im Jahre 1929 wählte man als Motive für das Wappen eine Fabrik mit drei rauchenden Schornsteinen und einem Wasserturm. Am 8. Jänner 1933 enthüllte die Arbeiter-Zeitung die Hirtenberger Waffenaffäre. Mussolini lieferte Waffen an die österreichischen Heimwehren und nach Ungarn. Die Patronenfabrik diente als Zwischenlager.
Die Auftragslage des Munitionswerks in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg „war gut“: 3800 Beschäftigte erzeugten pro Tag eine Million Patronen. Diese Leistung wurde von keiner ähnlichen Fabrik in Mitteleuropa erreicht.[3]
Für Zwangsarbeit im Zweiten Weltkrieg für die Patronenfabrik (damals Teil der Wilhelm-Gustloff-Stiftung) bestand vom 28. September 1944 bis 15. April 1945 im östlichen Teil des Ortes an der Grenze zu Leobersdorf ein für eine Belegungsstärke von 459 Personen ausgelegtes Frauenlager, ein Außenlager des KZ Mauthausen, dessen Insassinnen Infanteriemunition herstellen mussten.[4][5]
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Der Ort besitzt ein reiches Vereinsleben. Das im Jahre 1999 renovierte Kulturhaus bietet Platz für Veranstaltungen mit bis zu 600 Personen.
Einwohnerentwicklung
Volkszählung | 1971 | 1981 | 1991 | 2001 | 2011 |
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Einwohner | 2.164 | 2.147 | 2.088 | 2.270 | 2.605 |
Kultur und Sehenswürdigkeiten
- Katholische Pfarrkirche Hirtenberg hl. Elisabeth
- Soldatendenkmal neben der Kirche: Ein acht Tonnen schwerer Gesteinsblock aus Merkenstein, der von einem flügelschwingenden Adler aus Bronze bekrönt wird, mit einer Marmortafel mit den Namen der Gefallenen und Vermissten aus dem Ersten (28 Opfer) und Zweiten Weltkrieg (118 Opfer). Die Enthüllung fand am 30. Oktober 1932 statt.[7]
Wirtschaft und Infrastruktur
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Verkehr
Am Ort vorbei fährt die Südwestbahn von Leobersdorf kommend (und seit 2004 zwischen Weißenbach-Neuhaus und Hainfeld von einer Buslinie ersetzt) durch das Triestingtal und das Gölsental nach Sankt Pölten.
Die Haltestelle Hirtenberg, auf Enzesfelder Gemeindegebiet zwischen einem bewaldeten Abhang und dem Ufer der Triesting beengt gelegen, diente, lagebestimmt, stets nur dem Personenverkehr. Lokale Güter kamen (und kommen) über den Bahnhof Enzesfeld auf die Schiene. Für die in Hirtenberg sich befindenden Industriebetriebe wurden Schleppgleise Richtung bzw. zum Bahnhof Enzesfeld-Lindabrunn verlegt (1916: Fa. Fridolin Keller; 1917: Patronenfabrik; o. J.: zur Textilfabrik Josef Keim und Söhne[8] sowie Fa. KROMAG[9]), die jedoch sämtlich wieder entfernt wurden.
Parallel zur Bahn verläuft die Hainfelder Straße B18. Eine Buslinie fährt sowohl Richtung Berndorf als auch über Enzesfeld nach Leobersdorf.
Öffentliche Einrichtungen
- Die seit 1962 bestehende Justizanstalt Hirtenberg ist die fünftgrößte Strafvollzugseinrichtung in Österreich. Hier war bis 1918 das 1898 von Fischau, Niederösterreich, abgewanderte k.u.k. Officierswaiseninstitut untergebracht (siehe auch: Sanatorium Hirtenberg).
- Das ehemalige Laura-Gatner-Haus der Diakonie für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge wurde 2019 geschlossen und wieder in ein normales Wohnhaus umgewandelt.
Bildung
In der Gemeinde gibt es ein Montessori Kleinkindhaus,[10] einen Kindergarten,[11] eine Volksschule und eine Neue Mittelschule.[12]
Politik
Gemeinderat
Der Gemeinderat hat 21 Mitglieder.
- Nach den Gemeinderatswahlen in Niederösterreich 1990 hatte der Gemeinderat folgende Verteilung: 12 SPÖ und 9 ÖVP.
- Nach den Gemeinderatswahlen in Niederösterreich 1995 hatte der Gemeinderat folgende Verteilung: 16 SPÖ und 5 ÖVP.[13]
- Nach den Gemeinderatswahlen in Niederösterreich 2000 hatte der Gemeinderat folgende Verteilung: 18 SPÖ, 2 ÖVP und 1 FPÖ.[14]
- Nach den Gemeinderatswahlen in Niederösterreich 2005 hatte der Gemeinderat folgende Verteilung: 16 SPÖ, 3 ÖVP und 2 FPÖ.[15]
- Nach den Gemeinderatswahlen in Niederösterreich 2010 hatte der Gemeinderat folgende Verteilung: 9 SPÖ, 6 SCHABL, 4 FPÖ und 2 ÖVP.[16]
- Nach den Gemeinderatswahlen in Niederösterreich 2015 hatte der Gemeinderat folgende Verteilung: 13 SPÖ, 5 FPÖ und 3 ÖVP.[17]
- Nach den Gemeinderatswahlen in Niederösterreich 2020 hatte der Gemeinderat folgende Verteilung: 14 SPÖ, 4 ÖVP und 3 FPÖ.[18]
- Nach den Gemeinderatswahlen in Niederösterreich 2025 hat der Gemeinderat folgende Verteilung: 15 SPÖ, 4 FPÖ und 2 ÖVP.[19]
Bürgermeister
- 2003–2017 Gisela Strobl (SPÖ)
- seit 2017 Karl Brandtner (SPÖ)[20]
Wappen
Persönlichkeiten
Ehrenbürger der Gemeinde
- 2018: Gisela Strobl, Bürgermeisterin (2003–2017)[21]
Söhne und Töchter der Gemeinde
- Maria Keller-Siller (1893–1990), Leichtathletin
- Béla Barényi (1907–1997), Autokonstrukteur, Vater der passiven Sicherheit
- Carlo Romatko (1907–1991), Opernsänger (Tenor) und Schauspieler (Die letzte Chance)[22]
- Hans Adam (1925–2013), Zoologe[23]
- Hannes Seifert (* 1971), Videospiel-Produzent
Literatur
- Franz Xaver Schweickhardt: Darstellung des Erzherzogthums Österreich unter der Ens, durch umfassende Beschreibung aller Burgen, Schlösser, Herrschaften, Städte, Märkte, Dörfer, Rotten etc. etc., topographisch-statistisch-genealogisch-historisch bearbeitet und nach den bestehenden vier Kreis-Vierteln [alphabetisch] gereiht. [Teil:] Viertel unterm Wienerwald. 7 von 34 Bänden. 2. Band: Gaaden bis Klosterneuburg. Schmidl, Wien 1831, S. 241 (Hirtenberg in der Google-Buchsuche).
- Andreas Huber: Das „öde Schloß“ von Hirtenberg. Verlag des Gymnasialvereines Berndorf, Berndorf 1934, OBV.
- Walter Rieck: Kulturgeographie des Triestingtales. Dissertation. Universität Wien, Wien 1957, OBV.
- Fritz Hanauska (1912–1998): Heimatbuch der Marktgemeinde Hirtenberg. Marktgemeinde Hirtenberg, Hirtenberg 1980, OBV.
- Thomas Schweinschwaller: Hafterleben im Normalstrafvollzug. Analyse der drogenfreien Abteilung der Strafvollzugsanstalt Hirtenberg. Diplomarbeit. Universität Wien, Wien 1997, OBV.
- Klaus-Dieter Mulley (Hrsg.): Geschoße – Skandale – Stacheldraht. Arbeiterschaft und Rüstungsindustrie in Wöllersdorf, Enzesfeld und Hirtenberg. Eigenverlag der Gewerkschaft der Eisenbahner, Ortsgruppe Ebenfurth Pottendorfer Linie, Ebenfurth 1999, ISBN 3-9500563-1-6, OBV.
- Michaela Holeczy: Neue Möglichkeiten der Verhaltensbeeinflussung am Beispiel der drogenfreien Zone der Justizanstalt Hirtenberg. Diplomarbeit. Universität Salzburg, Salzburg 2001, OBV.
Weblinks
- Hirtenberg in der Datenbank Gedächtnis des Landes zur Geschichte des Landes Niederösterreich (Museum Niederösterreich)
- 30615 – Hirtenberg. Gemeindedaten der Statistik Austria
- Webpräsenz der Marktgemeinde Hirtenberg
Einzelnachweise
- ↑ Nö LGBl 1871/3. In: Landesgesetz- und Verordnungsblatt für das Erzherzogthum Österreich unter der Enns, Jahrgang 1871, S. 3. (online bei ANNO).
- ↑ Hanauska: Heimatbuch. S. 317 f.
- ↑ Hanauska: Heimatbuch. S. 214.
- ↑ Hirtenberg. In: mauthausen-memorial.at. KZ-Gedenkstätte Mauthausen, Bundesministerium für Inneres, archiviert vom am 9. Oktober 2014; abgerufen am 1. Oktober 2020.
- ↑ Das vergessene Frauen-KZ von Hirtenberg | Wiener Zeitung. Abgerufen am 15. November 2024.
- ↑ Bevölkerungsentwicklung von Hirtenberg. (PDF)
- ↑ Die Geschichte von Hirtenberg bis zum Jahr 1945. In: hirtenberg.at. Archiviert vom am 17. März 2011; abgerufen am 8. Dezember 2019.
- ↑ Correspondenzen. (…) Hirtenberg. (Schleppbahn). In: Badener Zeitung, Nr. 31/1897 (XVII. Jahrgang), 17. April 1897, S. 8, oben rechts. (online bei ANNO).
- ↑ Hanauska: Heimatbuch. S. 244.
- ↑ Manfred Wlasak: In Hirtenberg eröffnet Montessori-Kleinkinderhaus ‘Casa Indigo’. In: meinbezirk.at. 26. April 2021, abgerufen am 10. Februar 2025.
- ↑ Kindergärten in NÖ. NÖ Landesregierung, abgerufen am 5. Oktober 2020.
- ↑ Schulensuche auf Schulen online, abgerufen am 6. September 2020
- ↑ Wahlergebnis Gemeinderatswahl 1995 in Hirtenberg. Amt der NÖ Landesregierung, 30. März 2000, abgerufen am 7. Februar 2025.
- ↑ Wahlergebnis Gemeinderatswahl 2000 in Hirtenberg. Amt der NÖ Landesregierung, 4. Februar 2005, abgerufen am 7. Februar 2025.
- ↑ Wahlergebnis Gemeinderatswahl 2005 in Hirtenberg. Amt der NÖ Landesregierung, 4. März 2005, abgerufen am 7. Februar 2025.
- ↑ Wahlergebnis Gemeinderatswahl 2010 in Hirtenberg. Amt der NÖ Landesregierung, 8. Oktober 2010, abgerufen am 7. Februar 2025.
- ↑ Wahlergebnis Gemeinderatswahl 2015 in Hirtenberg. Amt der NÖ Landesregierung, 1. Dezember 2015, abgerufen am 7. Februar 2025.
- ↑ Wahlergebnis Gemeinderatswahl 2020 in Hirtenberg. Amt der NÖ Landesregierung, 26. Januar 2020, abgerufen am 7. Februar 2025.
- ↑ Wahlergebnis Gemeinderatswahl 2025 in Hirtenberg. Amt der NÖ Landesregierung, 26. Januar 2025, abgerufen am 7. Februar 2025.
- ↑ Karl Brandtner wird neuer Bürgermeister. Unser Hirtenberg, Juli 2017
- ↑ Bürgermeisterin a. D. wurde Ehrenbürgerin der Gemeinde. Unser Hirtenberg, April 2018
- ↑ Hanauska: Heimatbuch. S. 371.
- ↑ Hanauska: Heimatbuch. S. 367.