Lajos Kossuth
Lajos (Ludwig) Kossuth von Udvard und Kossuthfalva [19. September 1802 in Monok, Komitat Semplin, Ungarn; âÃÂà20. MÃÂärz 1894 in Turin, Italien) war ein ungarischer Rechtsanwalt, Politiker und in den Jahren 1848/49 einer der AnfÃÂührer der Ungarischen UnabhÃÂängigkeitserhebung gegen ÃÂÃÂsterreich. Auch nach der Niederschlagung der Revolution setzte er sich im Exil bis zu seinem Tod fÃÂür die UnabhÃÂängigkeit Ungarns vom Kaisertum ÃÂÃÂsterreich (ab 1867 ÃÂÃÂsterreich-Ungarn) ein. Bis in die Gegenwart gilt Kossuth als ungarischer Nationalheld.
] (*Leben
Kossuth entstammte einer unbegÃÂüterten Familie aus dem ungarischen Kleinadel. ÃÂÃÂhnlich wie sein Vater schlug er nach dem vierjÃÂährigen Jurastudium in SÃÂárospatak und Pest eine Laufbahn als Rechtsanwalt ein; von 1824 bis 1832 wirkte er in dieser Funktion in SÃÂátoraljaÃÂújhely (Komitat Semplin). Zugleich begann Kossuths politische Karriere: Von 1825 bis 1827 vertrat er den nationalliberal gesinnten Grafen Hunyady im PreÃÂÃÂburger Landtag; die gleiche Aufgabe ÃÂübernahm er von 1832 bis 1836 fÃÂür gleich drei Abgeordnete des ungarischen Herrenhauses. In seiner Stellung als Vertreter stand Kossuth zwar keinerlei Stimmrecht zu; er hatte jedoch die Pflicht, seinen FÃÂörderern stÃÂändig ÃÂüber die Verhandlungen Bericht zu erstatten. Zu diesem Zweck verfasste Kossuth seit Dezember 1832 zuerst die âÃÂÃÂBerichte aus dem LandtagâÃÂÃÂ, von Juli 1836 bis Mai 1837 dann die âÃÂÃÂBerichte aus den MunizipienâÃÂÃÂ, in denen er Landtagssitzungen und Komitatsversammlungen aufzeichnete. Weil er diese Werke in Abschriften vervielfÃÂältigte und sich damit bewusst ÃÂüber ein Verbot der Regierung hinwegsetzte, klagte man Kossuth wegen Hochverrats an und verurteilte ihn am 5. Mai 1837 zu vier Jahren Festungshaft. Nach seiner Begnadigung 1840 gab er allerdings schon ein Jahr spÃÂäter wieder die nationalliberale Zeitung Pesti HÃÂÃÂrlap heraus, deren Chefredakteur er war.
Zu Beginn der MÃÂärzrevolution 1848 im Kaiserreich ÃÂÃÂsterreich forderte er in einer am 3. MÃÂärz 1848 verfassten Rede die konstitutionelle Umwandlung der Monarchie sowie Verfassungen fÃÂür die ÃÂösterreichischen LÃÂänder. Im Verlauf der Revolution radikalisierte er seine Vorstellungen bis hin zur Forderung nach und schlieÃÂÃÂlich zum Kampf fÃÂür die UnabhÃÂängigkeit Ungarns von ÃÂÃÂsterreich. 1848 war er in der ersten eigenstÃÂändigen ungarischen Regierung unter dem liberalen MinisterprÃÂäsidenten Lajos BatthyÃÂány Finanzminister und Vorsitzender des Verteidigungsausschusses. Als prÃÂägende Kraft dieser Regierung setzte er Reformen wie beispielsweise die Bauernbefreiung um. Er rÃÂäumte den nichtungarischen Minderheiten zwar die gleichen BÃÂürgerrechte wie den Ungarn ein, nicht aber das Recht auf eigene Nationalstaaten: Sie hÃÂätten nÃÂämlich keine âÃÂÃÂhistorischen PersÃÂönlichkeitenâÃÂÃÂ.[1] Er baute ein ungarisches Freiwilligenheer (HonvÃÂéd) gegen deren AufstÃÂände auf, das vor allem die Kroaten unter der FÃÂührung von Ban Josip JelaÃÂÃÂiÃÂàin Schach halten sollte, die sich der damaligen nationalistischen Magyarisierungspolitik widersetzten und in der ungarischen ReichshÃÂälfte die nationalen kroatischen Interessen und die Interessen ÃÂÃÂsterreichs vertraten. Ungarn setzte sich mit seiner Politik immer mehr von der ÃÂösterreichischen Vorherrschaft ab.
Nach dem RÃÂücktritt des ÃÂösterreichischen Kaisers Ferdinand I. als Folge der revolutionÃÂären Ereignisse in ÃÂÃÂsterreich seit MÃÂärz 1848 verweigerte Ungarn dessen Nachfolger Franz Joseph I. im Dezember 1848 die ungarische KÃÂönigskrone. Als der Kaiser am 7. MÃÂärz 1849 eine Verfassung oktroyieren wollte, kam es zum ungarischen UnabhÃÂängigkeitsaufstand gegen ÃÂÃÂsterreich, bis Kossuth am 14. April 1849 die UnabhÃÂängigkeit Ungarns ausrief und Debrecen der Sitz der ungarischen Regierung wurde. In der groÃÂÃÂen reformierten Kirche Debrecens tagte der ungarische Landtag unter Kossuths Vorsitz. Kossuth wurde zum ungarischen Reichsverweser gewÃÂählt und hatte als solcher diktatorische Vollmachten. Die ungarische Revolutionsarmee, die durch Freischaren und polnische Emigranten verstÃÂärkt wurde, konnte die einmarschierte ÃÂösterreichische Armee unter der FÃÂührung von Alfred I. FÃÂürst zu Windisch-Graetz zunÃÂächst zurÃÂückdrÃÂängen. SchlieÃÂÃÂlich gelang es ÃÂÃÂsterreich mit Beistand von Russland, den ungarischen Freiheitskampf zu ersticken. BedrÃÂängt von russischen Truppen aus dem Norden und Osten, von kroatischen aus dem SÃÂüden und von ÃÂösterreichischen aus dem Westen, wurde der ungarische UnabhÃÂängigkeitskrieg schlieÃÂÃÂlich niedergeschlagen und Ungarn wieder unter ÃÂösterreichische Oberhoheit gestellt.
Nach der Niederschlagung der ungarischen Revolution und des Freiheitskrieges wurden 13 GenerÃÂäle und Offiziere in Arad sowie der ehemalige MinisterprÃÂäsident Lajos BatthyÃÂány am 6. Oktober 1849, dem ersten Jahrestag der zweiten Wiener Revolution, in Pest hingerichtet. Da die ÃÂösterreichischen Offiziere auf die Hinrichtung mit Bier anstieÃÂÃÂen, gehÃÂörte es sich in Ungarn fÃÂür lange Zeit nicht, mit Bier anzustoÃÂÃÂen.
Lajos Kossuth konnte ins Exil fliehen und ging zunÃÂächst ins Osmanische Reich, wo er sich zunÃÂächst mit weiteren WeggefÃÂährten in Schumen niederlieÃÂÃÂ. Nach mehreren Stationen seines Exils wurde er in England als Freimaurer am 19. Februar 1852 in die Cincinnati Lodge No. 133 aufgenommen, wo er schon am nÃÂächsten Tag in den Gesellgrad befÃÂördert und den Meistergrad erhoben wurde. Dort lernte er den Freimaurer Giuseppe Mazzini kennen, einen der fÃÂührenden KÃÂöpfe des revolutionÃÂär-demokratischen FlÃÂügels der italienischen Einigungsbewegung des Risorgimento, und beteiligte sich in London an dessen GrÃÂündung des EuropÃÂäischen Zentralkomitees der Demokratie.[2] Daraufhin folgte Kossuth ihm nach Italien, wo er seinen Kampf fÃÂür (nicht nur) Ungarns UnabhÃÂängigkeit fortsetzte. Unter anderem stellte er dabei auch eine ungarische Legion auf, die unter Giuseppe Garibaldi in den oberitalienischen UnabhÃÂängigkeitskÃÂämpfen des Risorgimento gegen ÃÂÃÂsterreich zu Felde zog.
1867 wurde Lajos Kossuth im Rahmen des ÃÂösterreichisch-ungarischen Ausgleichs amnestiert, in dessen Folge auch Kaiser Franz Joseph I. von ÃÂÃÂsterreich zum KÃÂönig von Ungarn gekrÃÂönt wurde. Als Gegner dieses Ausgleichs verblieb Kossuth aber im italienischen Exil.
Anfang MÃÂärz 1894 war Lajos Kossuth schwer erkrankt.[3] Am 10. MÃÂärz wurde er im Umberto-Spital an der Blase operiert. Aus Ungarn trafen tÃÂäglich mehrere hundert Briefe und Telegramme ein, in denen nach dem Zustand des Kranken gefragt wurde. Turiner Zeitungen sprachen âÃÂÃÂmit der wÃÂärmsten Sympathie von dem ÃÂûGenerale unghereseÃÂëâÃÂÃÂ. Kossuths Sohn Franz war stÃÂändig am Krankenbett seines Vaters.[4] Ohne sein Lebensziel erreicht zu haben, starb er am 20. MÃÂärz 1894 um 10.55 Uhr im Alter von 91 Jahren in Turin.[5]
Nach Kossuths Tod
Kossuth erfuhr nach seinem Tod spÃÂäte Rehabilitation durch ÃÂÃÂsterreich. Kaiser Franz Joseph I. lieÃÂàden Leichnam feierlich nach Budapest ÃÂüberfÃÂühren, wo er unter Anteilnahme einer groÃÂÃÂen Menschenmenge beigesetzt wurde. Sein ÃÂältester Sohn Ferenc Kossuth kehrte 1894 nach Ungarn zurÃÂück, wurde Politiker und ungarischer Handelsminister.
Ungarn, ab 1867 neben ÃÂÃÂsterreich der zweite Landesteil der nunmehr k.u.k. Monarchie (kaiserliche und kÃÂönigliche Monarchie ÃÂÃÂsterreich-Ungarn), erlangte erst nach dem Ersten Weltkrieg seine vÃÂöllige UnabhÃÂängigkeit.
In unmittelbarer NÃÂähe zum ParlamentsgebÃÂäude in Budapest befindet sich eine Statue von Lajos Kossuth von dem ungarischen Bildhauer Zsigmond Kisfaludi Strobl.
Der ungarische Komponist BÃÂéla BartÃÂók setzte ihm im Jahre 1903 mit seiner Symphonischen Dichtung Kossuth ein musikalisches Denkmal. Der seit 1948 in Ungarn vergebene staatliche Kossuth-Preis wurde nach ihm benannt. Bauwerke wie verschiedene BrÃÂücken tragen seinen Namen ebenso wie Schulen und ein Rundfunkprogramm, Kossuth RÃÂádiÃÂó, des staatlichen Rundfunks.
Schriften (Auswahl)
- Ungarns WÃÂünsche. Eine politische Abhandlung. Reclam, Leipzig 1843 (ÃÂÃÂsterreichische Nationalbibliothek)
- Die Katastrophe in Ungarn. Leipzig, 1849 in der Google-Buchsuche
- Gesammelte Werke. Grimma u. Leipzig
- Kossuth in England und seine Reden vor dem britischen Volke. Mit einer historischen Einleitung. Meyer, Braunschweig 1851 Digitalisat MDZ
- The Future of Nations. New York, 1852 Digitalisat
- Kossuth in New England: A Full Account of the Hungarian Governor's Visit to Massachusetts, with His Speeches. Boston, 1852 Digitalisat Haithi Trust
- The life of Louis Kossuth, Governor of Hungary, including notices of the men and scenes of the Hungarian revolution; to which is added an appendix containing his Principal speeches. Auburn NY, 1852 Digitalisat
- Meine Schriften aus der Emigration.
Literatur
- IstvÃÂán DeÃÂák: Die rechtmÃÂässige Revolution. Lajos Kossuth und die Ungarn 1848âÃÂÃÂ1849. Deutsche Bearbeitung von Kathrin Sitzler, BÃÂöhlau, Wien 1989 (=Forschungen zur Geschichte des Donauraumes 10), ISBN 3-205-05098-3.
- I. Fazekas, S. MalfÃÂèr, P. Tusor (Hrsg.): SzÃÂéchenyi, Kossuth, BatthyÃÂány, DeÃÂák. Studien zu den ungarischen Reformpolitikern des 19. Jahrhunderts und ihren Beziehungen zu ÃÂÃÂsterreich. Publikationen der ungarischen Geschichtsforschung in Wien, Band 3, Collegium Hungaricum, Wien 2011, ISBN 978-963-88739-6-5.
- Holger Fischer (Hrsg.): Lajos Kossuth (1802âÃÂÃÂ1894). Wirken âÃÂàRezeption âÃÂàKult. KrÃÂämer, Hamburg 2007 (=BeitrÃÂäge zur deutschen und europÃÂäischen Geschichte 36), ISBN 3-89622-086-1.
- RÃÂóbert Hermann: Reform âÃÂàRevolution âÃÂàEmigration. Leben und Werk des ungarischen Staatsmannes Lajos Kossuth. SchÃÂäfer, Herne 2006 (=Studien zur Geschichte Ungarns 10) ISBN 3-933337-40-2.
- Goldinger:àKossuth von Udvard und Kossut Lajos. In: ÃÂÃÂsterreichisches Biographisches Lexikon 1815âÃÂÃÂ1950 (ÃÂÃÂBL). Bandà4, Verlag der ÃÂÃÂsterreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1969, S.à152àf. (Direktlinks auf S.à152, S.à153).
- LÃÂászlÃÂó RÃÂévÃÂész: Kossuth, Lajos, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte SÃÂüdosteuropas. Band 2. MÃÂünchen 1976, S.à493âÃÂÃÂ496.
- GyÃÂörgy Miru: Lajos Kossuth (1802âÃÂÃÂ94). In: Ferenc HÃÂörcher / KÃÂálmÃÂán TÃÂóth (Hrsg.): 19th-century Hungarian political thought and culture: towards settlement with Austria, 1790âÃÂÃÂ1867. Bloomsbury Academic. London / New York 2023, ISBN 978-1-350-20291-7, S. 166âÃÂÃÂ183.
Weblinks
- Literatur von und ÃÂüber Lajos Kossuth im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und ÃÂüber Kossuth in der Staatsbibliothek zu Berlin SBB PK
Einzelnachweise
- âÃÂàImagined Communities: Reflections on the Origin and Spread of Nationalism, Revised Edition, Benedict Anderson, Verso, London New York 2006, ISBN 978-1-84467-086-4, S. 103
- âÃÂàChristian Jansen: Einheit, Macht und Freiheit. Die Paulskirchenlinke und die deutsche Politik in der nachrevolutionÃÂären Epoche (1849âÃÂÃÂ1867). (=BeitrÃÂäge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, Band 119) Droste, DÃÂüsseldorf 2000, ISBN 3-7700-5222-6, S.à187.
- âÃÂàKossuth erkrankt. In:àAgramer Zeitung, 5. MÃÂärz 1894, S. 3 (online bei ANNO).
- âÃÂàTagesneuigkeiten. Ludwig Kossuth. In:àPester Lloyd, 12. MÃÂärz 1894, S. 1 (online bei ANNO).
- âÃÂàDie Todesnachricht. In:àPester Lloyd, 21. MÃÂärz 1894, S. 1 (online bei ANNO).
Personendaten | |
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NAME | Kossuth, Lajos |
ALTERNATIVNAMEN | Kossuth de Kossuth et Udvard, Lajos (vollstÃÂändiger Name); Kossuth, Ludwig |
KURZBESCHREIBUNG | ungarischer Politiker |
GEBURTSDATUM | 19. September 1802 |
GEBURTSORT | Monok, Komitat Semplin |
STERBEDATUM | 20. MÃÂärz 1894 |
STERBEORT | Turin |