Widerstandsmoment
Als Widerstandsmoment wird in der technischen Mechanik eine allein aus der Geometrie (Form und Maße) eines Balkenquerschnitts abgeleitete Größe bezeichnet. Sie ist ein Maß dafür, welchen Widerstand ein Balken bei Belastung der Entstehung innerer Spannungen entgegensetzt. Der Begriff des Widerstandsmomentes geht auf Friedrich Laissle (1829–1907) und Adolf von Schübler (1829–1904) zurück, die 1857 bei einfachsymmetrischen Querschnitten von „Widerstandsvermögen gegen Druck bzw. Zug“ sprachen.[1]
- Bei der Belastung Biegen wird vom axialen oder Biegewiderstandsmoment gesprochen
- beim Verwinden (Torsion) wird vom polaren Widerstandsmoment oder Torsionswiderstandsmoment gesprochen.
Das Widerstandsmoment eines Querschnitts steht in einfachem geometrischen Zusammenhang mit dem Flächenträgheitsmoment, mit dessen Hilfe bei der Querschnitts-Bemessung die Verformung eines Balkens bei Belastung berechnet wird (siehe auch Steifigkeit). Widerstandsmoment und Flächenträgheitsmoment sind, in Abhängigkeit von den typischen Abmessungen geometrisch einfacher Flächen und standardisierter Materialprofile (z. B. Stahlprofile), in allgemeinen technischen Handbüchern enthalten, oft in gemeinsamen Tabellen.
Grundlagen
Bei Kräften senkrecht zu einer Bezugsachse will die Kraft den Körper biegen bzw. – sofern ein Hebel vorhanden – um diese Achse drehen. Wird die Drehung durch Einspannung verhindert, entsteht ein Biege- oder Torsionsmoment. Widerstandmomente werden immer in Bezug auf die jeweilige Momentenachse berechnet.
Berechnung
Das Widerstandsmoment ist definiert als:
mit
- dem Flächenträgheitsmoment
- dem maximalen senkrechten Abstand der Randfaser (Querschnittsrand) zur neutralen (spannungsfreien) Faser. In der Randfaser treten die gesuchten maximalen Bauteilbeanspruchungen auf (siehe unten: Anwendung).
Die Einheit des Widerstandsmoments ist .
Für symmetrische Querschnitte sind die Widerstandsmomente in den Randfasern parallel zur Symmetrieachse gleich. Deshalb sind auch die Spannungen in diesen Fasern gleich, wenn die Biegekräfte senkrecht zu dieser Symmetrieachse wirken.
Anwendung
Bei einer rein elastischen Verformung werden die in den Randfasern auftretenden maximalen Spannungen ermittelt durch:
mit
- : maximale Normalspannung
- : Biegemoment um die Bezugsachse
- : axiales Flächenträgheitsmoment.
- : maximaler senkrechter Abstand der Randfaser zur neutralen Faser
und durch:
mit
- : maximale Tangentialspannung (Schubspannung)
- : Torsionsmoment um die Bezugsachse
- : polares Flächenträgheitsmoment.
- : maximaler senkrechter Abstand der Randfaser zur neutralen Faser
Die so ermittelten maximal auftretenden Spannungen werden mit den vom Werkstoff erträglichen Spannungen (Festigkeit) verglichen, um zu überprüfen, ob der Balken versagt.
Beispiele
Anmerkung: Für nicht kreisförmige Querschnitte können zwar die polaren Widerstandsmomente berechnet werden. Sie besitzen jedoch wenig praktische Bedeutung, da die Verteilung der Torsionsspannung für derartige Querschnitte anderen Gesetzen unterliegt.
- Für ein Rechteck mit der Breite parallel zur y-Achse und der Höhe ist das Widerstandsmoment bezüglich der Horizontalachse
- Für dasselbe Rechteck ist das Widerstandsmoment bezüglich der Vertikalachse
- für ein Quadrat mit der Seitenlänge vereinfacht sich das Widerstandsmoment zu
- Für einen Kreis mit Durchmesser
- Für einen Kreisring mit Außendurchmesser und Innendurchmesser ist das Widerstandsmoment
- Für ein Trapez mit der Basis parallel zur y-Achse und der Höhe
- Hohlprofil (Rechteckrohr)
- Für ein Rechteckrohr (Vierkantrohr) mit der Außenbreite/-Höhe und , der Innenbreite und ; außerdem muss das Profil symmetrisch sein, d. h. die gegenüberliegenden Wandstärken müssen gleich groß sein
- Für dünnwandige Rechteckprofile mit der gleichmäßigen Wandstärke ist das Torsionswiderstandsmoment
- oder
- Für Profile bestehend aus Rechteckquerschnitten, welche jeweils die Breiten und die Höhen mit besitzen, lässt sich das Torsionswiderstandsmoment angenähert berechnen als
Profil | n | η |
---|---|---|
I-Profil | 3 | ≈1,3 |
Winkelprofil | 2 | ≈1,0 |
T-Profil | 2 | 1,12 |
U-Profil | 3 | 1<η<1,3 |
Plus-Profil | 2 | 1,17 |
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Karl-Eugen Kurrer: The History of the Theory of Structures. Searching for Equilibrium. Ernst & Sohn, Berlin, ISBN 978-3-433-03229-9, S. 449.
- ↑ Kurt Gieck, Reiner Gieck: Technische Formelsammlung. Carl Hanser Verlag, ISBN 978-3-446-46115-4. hanser-elibrary.com